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Vienna
29/03/2019
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Food for Thought – World AIDS Day, 1. Dezember 2018

Der 1. Dezember ist World AIDS Day. Hierzu die Reflektionen des Humanitarian Congress Vienna Mitveranstalters Ärzte ohne Grenzen Österreich und ein Bericht von Florian Breitenecker:

Dank Lobbying – nicht zuletzt durch Ärzte ohne Grenzen – und leistbaren Medikamenten konnten die Kosten für die lebenslange HIV-Therapie in den letzten Jahren drastisch reduziert werden. Die medizinischen Möglichkeiten gehen heute so weit, dass in den Hilfsprojekten von Ärzte ohne Grenzen HIV-positiven Frauen ermöglichen, gesunde Kinder auf die Welt zu bringen. Trotzdem gibt es keinen Grund, das Ende der HIV/Aids-Epidemie zu feiern. Im Gegenteil: In den Kliniken von Ärzte ohne Grenzen in West- und Zentralafrika erleben die Teams häufig, dass Menschen so krank zu uns kommen, dass sie ihnen nicht mehr helfen können.
Nicht einmal jeder dritte Patient oder jede Patientin dort hat Zugang zu den benötigten Medikamenten; bei Kindern liegt diese Zahl sogar nur bei zwei von zehn jungen Patienten. Was die Situation so besorgniserregend macht: Internationale Geldgeber ziehen sich zunehmend aus dem Kampf gegen HIV/Aids zurück. So wurden die Mittel der US-Regierung unter Präsident Donald Trump drastisch gekürzt – was konkrete Folgen für hunderttausende Menschen hat, die unbehandelt bleiben.
In Homa Bay in Kenia ist jeder vierte Erwachsene HIV-positiv. Der HIV-Experte Florian Breitenecker war Anfang der 2000er-Jahre mehrfach für Ärzte ohne Grenzen im Einsatz. Nun hat der Wiener Arzt wieder ein HIV-Projekt besucht. Ein Lokalaugenschein in Homa Bay.

Ein Bericht von Florian Breitenecker:

Im Büro von Ärzte ohne Grenzen in Homa Bay habe ich den Arzt Hemmed Lukonge getroffen. Er ist der Projektkoordinator eines der langjährigsten Programme für Patienten und Patientinnen mit HIV/Aids von Ärzte ohne Grenzen und berichtet von der hier geleisteten Hilfe: Ärzte ohne Grenzen unterstützt das örtliche Spital hauptsächlich bei der medizinischen Versorgung von Erkrankten mit fortgeschrittener HIV-Infektion, bei der Zusammenarbeit mit ländlichen Gesundheitseinrichtungen und in der HIV-Prävention mittels Gesundheitsaufklärung in den Dörfern.
Wir starten den Rundgang im Krankenhaus und besuchen zuerst die Ambulanz für Patienten und Patientinnen mit Kaposi-Sarkom: Dabei handelt es sich um eine Tumorerkrankung,
die oft ein Zeichen für eine fortgeschrittene HIV-Infektion ist. Bei leichter Erkrankung ist die Haut betroffen, auf der sich dunkle bläuliche Flecken abzeichnen; bei schwerem Verlauf
werden auch die inneren Organe und das Lymphsystem betroffen, was zu massiven Schwellungen der Gliedmaßen führt. Ich unterhalte mich mit Makori Onjancha*, der an diesem Morgen um 4.30 Uhr aufgestanden ist, um rechtzeitig für seine Chemotherapie in die Klinik zu kommen. Bevor er mit der Behandlung begonnen hat, waren seine Beine so geschwollen, dass er nicht mehr gehen konnte. Nach zwei Zyklen mit liposomalem Doxorubicin, einem sehr teuren Medikament, das ohne Ärzte ohne Grenzen für viele Menschen nicht leistbar wäre, ist die Schwellung etwas zurückgegangen. Er erzählt mir: „Wegen der Krankheit habe ich meine Arbeit verloren. Ich weiß nicht, wie ich meinen Lebensunterhalt verdienen soll. Aber immerhin kann ich jetzt wieder 100 Meter weit gehen, ohne pausieren zu müssen.“ Mit der Kombination aus Doxorubicin und den antiretroviralen Medikamenten (ARVs) stehen seine Chancen auf Genesung gut – und damit auch die Aussicht, wieder arbeiten zu können.
Als Nächstes gehen wir in die Tuberkulosestation, wo ich George Otieno* treffe. Tuberkulose ist die häufigste Todesursache von Menschen mit einer HIV-Infektion. Das Aussehen des 30-Jährigen ist besorgniserregend. Er leidet an HIV und Tuberkulose und ist bis auf die Knochen abgemagert. George kann kaum noch sprechen. Er war früher bereits wegen Tuberkulose in Behandlung, ist aber neuerlich erkrankt, weswegen er jetzt eine intensivierte Behandlung erhält. In der Vergangenheit konnte er seine lebensrettenden ARVs nicht immer durchgehend einnehmen, da er sich die lange Anreise in die Klinik oft nicht leisten konnte.
Lokale Hilfe. Um Menschen wie George zu helfen, hat Ärzte ohne Grenzen ein Programm gestartet, um die Medikamente näher zu den Menschen zu bringen. Vom Krankenhaus fahre ich also noch nach Kiasa: In einer lokalen Klinik werden hier ARVs an Patienten und Patientinnen verteilt. Ärzte ohne Grenzen beliefert rund 30 solcher Einrichtungen in der Region regelmäßig mit den Medikamenten. Hier in den Zentren wird auch Gesundheitsaufklärung betrieben. Es ist sehr wichtig, dass die Menschen verstehen, dass sie die Medikamente regelmäßig einnehmen müssen. Denn: Werden die ARVs nicht ordnungsgemäß eingenommen, entstehen Resistenzen, die die Medikamente unwirksam werden lassen. Die Menschen in dieser sehr armen Region Kenias kämpfen ohnedies tagtäglich um ihr Überleben. Wenn schwere Krankheiten wie Aids hinzukommen, kann das ganze Familien in ihrer Existenz bedrohen. Die Hilfe von Ärzte ohne Grenzen ist hier lebensnotwendig.
*Name geändert
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/sites/default/files/attachments/diagnose_0218_020518.pdf

Homa-Bay

©Florian Breitenecker